Handtmann Firmengruppe entwickelt neuen Spirallader: Handmann Spirallader HSL®

Hält der Spirallader wieder Einzug in moderne Kraftfahrzeuge? Entwicklungsingenieur Joachim Nusser von der Firma Handmann Systemtechnik ist zuversichtlich. Pünktlich zur 63. IAA in Frankfurt zeigt Handtmann den neu entwickelten Lader auf ihrem Messestand. Ich hatte die Möglichkeit, Herrn Nusser auf der IAA zu interviewen.

Winkler: Herr Nusser, die Firma Handtmann präsentiert auf der IAA 2009 den HSL® (Handmann Spirallader). Wie lange hat die Entwicklung gedauert und wie groß ist ihr Team?
Nusser: Wir entwickeln seit ca. 2 Jahren an dem HSL®. Das Entwicklungsteam besteht aus insgesamt 10 Personen.

Winkler: Was sind Ihrer Meinung nach die ausschlaggebenden Argumente, die Sie zum Spirallader gebracht haben bzw. kamen auch andere Ladertypen in Betracht?
Nusser: Für den Spirallader spricht vor allem der hohe Wirkungsgrad, bzw. noch viel wichtiger, die Lage des Wirkungsgradoptimums im Volumenstrom/Druckverhältnis Kennfeld. Auch das sehr geringe Massenträgheitsmoment spricht für das Spiralverdrängungsprinzip, wodurch ein maximales Ansprechverhalten erreicht werden kann. Gerade heute ist im Kraftfahrzeugbau auch die Geräuschemission besonders wichtig, hier punktet der Spirallader erneut – besonders der HSL®.

Winkler: In Ihrer Beschreibung zielen Sie besonders auf die Verwendung des HSL® im Doppelaufladungsbereich ab – welche Kombination halten Sie für günstig?
Nusser: Der hier ausgestellte Lader ist für Ottomotoren mit zwischen 1.200 und 1.600 cm³ Hubraum optimal in einer Doppelaufladungsanwendung. Bei einem kleineren Hubraum wäre dieser HSL® auch als alleiniges Aufladegerät denkbar. Gegen eine Verwendung bei Dieselmotoren spricht nichts. Bei anderen Anforderungen kann der HSL® auch noch in der Größe variiert werden.

Winkler: Volkswagen hat in den 80er und 90er Jahren bekanntlich auch einige Modelle mit einem Spirallader – dem „G-Lader“ ausgerüstet. Haben Sie sich mit dem G-Lader bei der Entwicklung des HSL® auseinandergesetzt?
Nusser: Ja, das haben wir intensiv. Trotzdem ist unser Spirallader eine völlige Neuentwicklung, auch wenn beide Lader auf demselben Funktionsprinzip basieren.

Winkler (nachgefragt): Haben Sie sich etwas vom G-Lader ableiten können bzw. etwas verbessert?
Nusser: Ja, wir haben z.B. den Lagerabstand deutlich geringer gehalten als beim G-Lader, um es steifer auszuführen. Außerdem haben wir keinen Nebenantrieb wie der G-Lader, sondern einen Schwingarm – der Aufbau ist also deutlich einfacher.

Winkler: Ich möchte Ihnen gerne noch einige Fragen zu Konstruktionsdetails stellen. Aus welchem Material stellen Sie Gehäuse und Verdränger her?
Nusser: Das Gehäuse besteht aus Aluminium, hier bei dem Messemodell noch im Sandgussverfahren* hergestellt. In der Großserienfertigung würde man hier zum Druckgussverfahren greifen. Der Verdränger besteht aus einer Magnesiumlegierung, die Prototypen wurden bereits im Druckgussverfahren gefertigt.

*Anmerkung: „Sandgussverfahren“ meint hier, dass eine Gussform aus geformten Sand verwendet wurde. Diese Form wird nach einem einmaligen Gießverfahren zwangsläufig zerstört; da sie aber für Einzelteile einfacher herzustellen ist, verwendet man dieses Verfahren häufig im Prototypenbau. Für eine spätere Fertigung in größerer Stückzahl werden nach Möglichkeit wiederverwendbare Formen verwendet.

Winkler: Wie hoch sind die Arbeitskammern, wie groß ist die Exzentrizität und wie viele Arbeitsräume bilden sich?
Nusser: Wir haben auf dem Verdränger auf jeder Seite eine Spirale, sodass sich insgesamt vier Arbeitskammern ergeben. Die Höhe der Spiralwände beträgt rd. 57 mm und die Exzentrizität der Welle 8,5 mm.

Winkler (nachgefragt): Das heißt, der HSL® verfügt über eine Spirale je Seite und nicht wie der Verdränger des G-Laders, über zwei. So bilden sich auch vier statt acht Arbeitsräume wie beim G-Lader. Warum haben Sie keine Doppelspirale je Seite verwendet?
Nusser: Das ist richtig. Eine Doppelspirale ist deutlich aufwendiger zu fertigen und daher wesentlich kostenintensiver, für die beschriebene Anwendung reicht die Fördermenge völlig aus.

Winkler: Für welche Drehzahlbereiche ist der HSL® vorgesehen?
Nusser: Für bis zu 10.000 U/min.

Winkler: Wie haben Sie die Abdichtung zwischen Verdränger und Gehäuse gelöst?
Nusser: Mit Dichtleisten, jedoch ohne Federn wie z.B. beim G-Lader. Wir entwickeln zusammen mit Lieferanten das optimale Material, sodass die Lebensdauer der Dichtleisten der Fahrzeuglebensdauer entspricht. Dadurch werden beim HSL® beispielsweise keine Serviceintervalle nötig sein.

Winkler: Wie werden bewegliche Teile geschmiert?
Nusser: Der HSL® besitzt einen integrierten Ölkreislauf. Dieser kann entweder an den vorhanden Motorölkreislauf angeschlossen, oder autark betrieben werden. Für einen dem Ladedruck angepassten Öldruck sorgt ein zwischen Vor- und Rücklauf angebrachtes Druckregelventil.

Winkler: Können Sie sich auch andere Größen des HSL® vorstellen?
Nusser: Natürlich, der Lader wird anhand den Anforderungen entwickelt und gebaut. Gewisse Spielräume haben wir ausgehend von der entwickelten Baugröße, massive Änderungen setzen jedoch eine vollständige Überarbeitung und Erprobung voraus.

Winkler: Vielen Dank, Herr Nusser, für dieses aufschlussreiche Gespräch.

Handtmann HSL® Spirallader

Handtmann HSL® Spirallader