Fahrzeuge mit G-Lader: bekommen wir noch das „H“?

Dieser VW Polo G40 von 1991 mit H-Kennzeichen ist eine Fotomontage. Noch.

Patina, Chromstoßstangen, Kontaktzündung. Aber was davon macht ein altes Auto wirklich zum Oldtimer? Dazu gibt es unterschiedliche Betrachtungsweisen. Während für die einen nur Vorkriegsbaujahre zu den echten Oldtimern zählen, ist das Gros der Automobilisten etwas nachsichtiger und akzeptiert auch Fahrzeuge der 60er und 70er Jahre in diesem Kreis. Eine weitere Ansichts-Grenze wird aktuell überschritten, denn von den „jungen“ Oldtimern wie VW Golf II und Co. hat kaum noch ein Modell Chromstoßstangen. Diese ehemaligen Youngtimer verbergen sich meistens geduckt und crashsicher hinter Polymeren. Der Gesetzgeber macht es sich einfach: 30 Jahre Alter seit der Erstzulassung sind mindestens gefordert, ansonsten ein überdurchschnittlich guter Erhaltungs- und Pflegezustand mit nur zeitgenössischen Veränderungen. Und da wir in Deutschland sind, muss dies natürlich bitte hochoffiziell per Gutachten bescheinigt werden. Dann erst gibt es das ersehnte H-Kennzeichen.

Doch warum ist das H-Kennzeichen eigentlich so begehrt? Einige Vorteile werden sofort deutlich: die pauschale KFZ-Steuer ist zumindest bei Fahrzeugen ohne G-Kat meistens günstiger als der normale, nach Hubraum und Emissionsklasse berechnete Beitrag für den Fiskus. Wird der Oldtimer darüber hinaus nicht mehr im Alltag bewegt, winken zusätzlich günstige Oldtimertarife bei der Versicherung. Ansonsten gibt es keinerlei Einschränkungen, ganz anders als bei der anderen Oldie-Zulassung mit der 07er Nummer. Im Gegenteil: mit der H-Nummer darf man sogar in die Umweltzonen fahren – und das ganz ohne den bunten Sticker auf der Frontscheibe.

Es liegt nahe, dass bei diesem Potpourri von Vorzügen auch viele Autofahrer davon profitieren wollen. Doch was nun in den nächsten Jahren in Reichweite des H-Kennzeichen rollt, würde man in einer Bevölkerungsstatistik „geburtenreiche Jahrgänge“ nennen. Die Süddeutsche Zeitung spricht aktuell in ihrem Artikel „Lieb und Teuer“ von über einer Million explizit genannter Volkswagen nur aus den Baureihen Golf, Jetta und Polo, die mit über 15 Jahren Alter jetzt schon den Status „Youngtimer“ haben, aber noch keine entsprechende Privilegien genießen können.

Die „Generation G-Lader“ (1986 bis 1994) gerät auch sehr bald in Schlagdistanz zur Oldtimerzulassung. Doch es stellt sich anhand der Entwicklung die Frage: werden wir mit unseren G-Ladenen überhaupt noch das H bekommen? Dass wir mit unseren Fahrzeugen die Auflagen gerade mit Hinblick auf „Originalzustand oder zeitgenössisch verändert“ erfüllen, klammern wir als Faktor vorab mal aus. Wir alle kennen den Anteil der „Bastelbuden“ in unseren Reihen. Alles andere steht in den Sternen. Fakt ist: Jedes Jahr steigt die Anzahl neuer H-Zulassungen weiter an. Und gerade jetzt kommen Fahrzeuge, die nicht mehr vom Rost, sondern allenfalls von der Abwrackprämie verzehrt wurden. Auch Ersatzteile sind noch billig und meistens gut verfügbar. Aber das Schlimmste ist: der Einstieg in das Oldtimerhobby ist schon für unter 2.000 Euro möglich. Ist die Oldtimerei für Jedermann ein Dilemma? Die Politik wird auf jeden Fall ein Interesse daran haben, das H-Privileg nicht zu vielen Fahrzeugen zuzugestehen. Darüber hinaus gibt es auch in den Automobilverbänden Fraktionen, die das Oldtimer-Segment nicht kampflos mit der Sorte Enthusiasten teilen wollen, deren monetärer Einsatz entsprechend gering ausfällt. Dom Kölsch statt Dom Perignon? Das geht natürlich nicht. Dass die Wirtschaft lieber neue Autos verkaufen möchte, als sich mit der kleinteiligen Ersatzteilversorgung vergangener Modelle aufzuhalten, liegt ebenfalls auf der Hand. Ein Pessimist sieht Probleme am Horizont derer kommen, die das H auf eine Plastikstoßstange schrauben wollen.

Noch liegt der Oldtimer-Anteil insgesamt bei deutlich unter einem Prozent. Allerdings ist die Zahl neuer H-Zulassungen zum Jahr 2012 immerhin um rund 10 Prozent gestiegen. Die Prognosen gehen von einem weiter steigenden Anteil historischer Zulassungen aus. Wir dürfen gespannt sein, wie lange sich das H-Kennzeichen mit den aktuellen Auflagen noch hält oder ob schon wieder neue Pläne in den Schubladen liegen, die besonders unsere Interessenslage hart treffen könnten. „Daumen drücken“ ist angesagt. Denkbar wäre die Anhebung der Altersgrenze auf z.B. 40 Jahre oder eine Verschärfung der Bedingungen, die positive Begutachtung zum „automobilen Kulturgut“ zu erlangen. Wie auch immer das aussehen mag, aber in diesen Dingen ist unser Land bekanntlich sehr kreativ.

Mit freundlicher Lichthupe

Sebastian Winkler | Mail Man G40